Gekommen um zu bleiben: Das Klinikum Gütersloh rekrutiert Profis aus dem Ausland mit System

Pflegekräfte sind aus gutem Grund gefragte Fachleute. Das Klinikum Gütersloh hat deshalb nicht nur die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht, sondern gemeinsam mit der Bürgerstiftung Gütersloh und der Erich und Katharina Zinkann-Stiftung, die dafür insgesamt 216.000 Euro bereitstellt, ein umfassendes Projekt für die Integration von gut ausgebildeten Pflegekräften aus dem Ausland ins Leben gerufen.

Für Antonia Yosmairy Carvajal ist das Projekt mit dem Klinikum Gütersloh schon jetzt eine Erfolgsgeschichte. Die 44-Jährige arbeitet bereits seit über zehn Jahren als Intensivkrankenschwester in einem Krankenhaus in Santo Domingo, der Hauptstadt der Dominikanischen Republik. Seit März sitzt sie zusammen mit sieben Kolleginnen jeden Tag im Deutschkursus. Im Sommer 2024 will sie im Klinikum Gütersloh anfangen. Die studierte Pflegekraft hat einen Bachelor-Abschluss und zwei Kinder, beide Anfang zwanzig, die selbst schon studieren. „Ich freue mich auf die Arbeit in Deutschland, weil ich hier eine Menge lernen kann, gutes Geld verdiene und meine Kinder unterstützen kann“, sagt Carvajal.


Antonia Yosmairy Carvajal ist eine von 13 Pflegekräften, die das Klinikum Gütersloh über eigene Mitarbeiterinnen in der Dominikanischen Republik rekrutiert hat. Das Ziel: Gut qualifizierte Bewerber für eine Zukunft in Gütersloh zu begeistern. Damit sich die Pflegekräfte nicht nur fachlich auskennen, sondern sich auch vom ersten Tag an gut mit ihrem Team und den Patientinnen und Patienten verständigen können, hat das Klinikum Gütersloh in der Dominikanischen Republik einen Deutschlehrer organisiert. Der übt mit den zukünftigen Mitarbeitenden nicht nur die deutsche Alltagssprache, sondern auch das medizinische Fachvokabular. Die künftigen Pflegekräfte schließen den Kursus mit dem Niveau B2 ab, haben also schon vor der Einreise ein gutes Sprachniveau. Maud Beste, Geschäftsführerin des Klinikum Gütersloh: „Wir haben uns sehr bewusst dazu entschieden, mit einem eigenen Konzept zu arbeiten, wenn wir internationale Pflegekräfte rekrutieren. Das bedeutet, dass wir nicht darauf warten, dass sich ein Wunschkandidat auf unsere Stellenausschreibungen bewirbt, sondern uns aktiv einbringen, um die potentiellen Mitarbeitenden schon im Heimatland zu qualifizieren.“


In Indien geht das Klinikum Gütersloh gemeinsam mit einer Personalagentur nach einem ähnlichen Konzept vor. Auch hier bereiten sich ein Dutzend Pflegekräfte zwischen 25 und 35 Jahren aktuell in einem Deutschkursus auf ihren künftigen Arbeitsplatz in Deutschland vor. „Wir arbeiten hier mit einer Doppelstrategie, um von dem Erfahrungsschatz einer Agentur zu profitieren aber gleichzeitig eigene Erfahrungen zu machen und eine Infrastruktur vor Ort aufzubauen“, erklärt Andrea Eickhoff, Pflegedirektorin im Klinikum Gütersloh. Bei der Rekrutierung hat das Klinikum auch ethische Aspekte im Blick. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Pflegekräfte nicht aus einer Region kommen, die selbst händeringend Pflegekräfte sucht und die neuen Kollegen in Deutschland mit inländischen Arbeitnehmern gleichgestellt sind.


Mit der Ankunft in Gütersloh beginnt die nächste Stufe des Projektes. Das Klinikum Gütersloh bereitet die künftigen Mitarbeitenden über mehrere Monate auf ihre fachliche Kenntnisprüfung vor. Parallel nehmen sie auch in Deutschland weiter an Deutschkursen teil und legen abschließend eine weitere Sprachprüfung ab. Mit der erfolgreichen zusätzlichen Kenntnisprüfung erwerben die internationalen Fachkräfte die Qualifikation, um als Pflegefachkraft nach deutschem Ausbildungsstandard arbeiten zu können. Bis zu dieser Prüfung arbeiten sie bereits als Pflegehilfskraft in Anerkennung im Klinikum Gütersloh.
Unterstützt wird das Projekt zur Integration internationaler Pflegefachkräfte mit einem Betrag von 162.000 Euro von der Bürgerstiftung Gütersloh und 54.000 Euro von der Erich und Katharina Zinkann-Stiftung. Katrin Meyer, Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung: „Wir müssen aktiv werden, wenn wir Lösungen für den Fachkräftemangel in der Pflege finden wollen“, sagt die Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung. „Wenn wir gute Pflege wollen, müssen wir etwas dafür tun, dass internationale Fachkräfte hier nicht nur als Arbeitskraft, sondern auch als Menschen bei uns ankommen, deshalb unterstützen wir dieses Projekt. Entscheidend für unsere Unterstützung ist zudem, dass wir es als eine Blaupause für weitere Projekte an anderen Einrichtungen verstehen.“
Mit dem Geld wird die Stelle eines Beauftragten für Rekrutierung und Integration finanziert, der für die neuen Mitarbeitenden als ständige Ansprechperson im Alltag da ist. Dabei handelt es sich um Benjamin Hans, der viele Jahre Erfahrung in der Qualifizierung und Unterstützung von internationalen Fachkräften mitbringt: „Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die neuen Kolleginnen und Kollegen gut in ihrem Team ankommen und sich hier wohlfühlen. Dazu gehört zum Beispiel Unterstützung bei sprachlichen Anfangsschwierigkeiten, beim Eröffnen eines Kontos, bei der Vorbereitung auf die Anerkennungsprüfung und bei Behördenterminen.“


Benjamin Hans und seine Kolleginnen kümmern sich schon jetzt um Wohnungen für die Fachkräfte aus Indien und der Dominikanischen Republik und freuen sich über Angebote in der Nähe des Klinikums. „Wir schulen nicht nur die neuen Fachkräfte, sondern auch ihre künftigen Teams, erklären, wie das Gesundheitssystem in Indien oder der Dominikanischen Republik aufgebaut ist, wo es Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt. Auch der soziale Aspekt ist uns wichtig, mit einem gemeinsamen Kochkurs oder einer Kanutour erreicht man manchmal mehr als mit langen Vorträgen.“ Auch ein Mentorenprogramm mit Mitarbeitenden zur fachlichen Unterstützung und ersten Orientierung ist geplant.


Die Rekrutierung internationaler Fachkräfte ist nur einer von vielen Wegen, die das Klinikum Gütersloh bei der Rekrutierung von qualifizierten Pflegekräften geht. Das Klinikum hat die Zahl seiner Ausbildungsplätze erhöht, und stellt Pflegekräfte mit guten Einstiegsgehältern an. Andrea Eickhoff, Pflegedirektorin im Klinikum Gütersloh: „Wir denken bei unseren Pflegekräften immer auch an die persönliche Entwicklung, wir bieten ein breites Spektrum an Fachweiterbildungen an und unterstützen Pflegekräfte, die studieren möchten, nicht nur finanziell, sondern auch im Dienstplan.“ Aktuell gibt es 20 offene Pflegestellen im Klinikum Gütersloh. Die Rekrutierung internationaler Pflegekräfte wird nur einen Teil der Nachfrage decken.
Antonia Yosmairy Carvajal ist gespannt auf ihren Start in Gütersloh: „Bisher kenne ich Gütersloh und meinen neuen Arbeitsplatz nur von Filmaufnahmen und aus den Beschreibungen der Mitarbeiter, die ich kennengelernt habe. Für mich ist die Arbeit in Gütersloh ein neuer Lebensabschnitt, ich bin gespannt, wie sich alles anfühlt, wenn ich da bin. Die Jahreszeiten, das Leben und die Menschen.“

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